In Berlin beziehen etwa 542.000 Personen in 316.000 Haushalten Arbeitslosengeld II (auch als "Hartz IV" bezeichnet). Natürlich benötigt jeder Empfänger dieser Leistung auch eine Wohnung, so dass dieser Personenkreis immer wieder als Mietinteressent in Erscheinung tritt.
Es stellt sich dann die Frage für den Vermieter, ob er einen solchen Bewerber überhaupt akzeptieren kann, und wenn ja, unter welchen Bedingungen.
In den vergangenen Monaten häufen sich die Fälle, dass Empfänger solcher Leistungen keinerlei Mietzahlungen entrichten, so dass ihren Vermietern neben dem Mietzinsausfall noch erheblich weitere Kosten für die Räumungsklage und die anschließend häufig erforderliche zwangsweise Räumung durch den Gerichtsvollzieher entstehen. Einer solchen ruinösen Entwicklung kann man als Vermieter jedoch vorbeugen, indem man die einschlägigen Vorschriften beachtet.
Seit dem 1. Oktober 2005 sind die "Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gemäß § 22 SGB II" (kurz: AV−Wohnen) in Kraft, deren wichtigste Regelungen nachfolgend vorgestellt werden:
Welche Mietkosten werden übernommen?
Vom Job−Center übernommen werden die Netto−Kaltmiete sowie die monatlichen Zahlungen für Betriebskosten und Heizkosten einschließlich etwaiger Nachzahlungen aus Nebenkostenabrechnungen (AV Nr. 3 (2)). Voraussetzung ist, dass der Wohnraum angemessen ist.
Wann gilt Wohnraum als angemessen?
Es gelten folgende Richtwerte für die angemessene Brutto−Warmmiete (AV Nr. 4 (2)):
Haushaltsgröße | Brutto−Warmmiete |
---|---|
1−Personen−Haushalt | 360,00 € |
2−Personen−Haushalt | 444,00 € |
3−Personen−Haushalt | 542,00 € |
4−Personen−Haushalt | 619,00 € |
5−Personen−Haushalt | 705,00 € |
Überschreitungen der Richtwerte sind in besonders begründeten Einzelfällen um bis zu 10% möglich (AV Nr. 4 (5) und (10)).
Werden auch Fehlbeträge aus Nebenkostenabrechnungen übernommen?
Das Job−Center ist verpflichtet, Fehlbeträge aus Betriebskosten- abrechnungen auszugleichen, sofern diese formell ordnungsgemäß erstellt wurden.
Außerdem müssen die Kosten angemessen sein. Hiervon kann bei kalten Betriebskosten bis zu einer Höhe von 1,47 € und bei Heiz− und Warmwasserkosten bis zu einer Höhe von 0,75 € (jeweils pro qm) ausgegangen werden (AV Nr. 6).
Werden Mietkautionen übernommen?
Mietkautionen gelten als notwendige Wohnungsbeschaffungskosten uns sind daher vom Job−Center grundsätzlich zu übernehmen. Zuvor ist allerdings zu prüfen, ob der Wohnungssuchende die Mietkaution nicht selbst aufbringen kann (AV Nr. 9.2). Die zu beobachtende Praxis der Job−Center, die Übernahme der Mietkaution generell abzulehnen, ist somit eindeutig rechtswidrig. Der Vermieter sollte auf die Stellung der Kaution bestehen!
Werden Maklerkosten übernommen?
Der Berliner Senat geht davon aus, dass in Berlin bei der derzeitigen Wohnraummarktsituation eine Wohnung auch ohne Zahlung einer Maklerprovision angemietet werden kann. Maklerkosten werden daher nur in absoluten Ausnahmefällen übernommen (AV Nr. 9.3).
Werden Schönheitsreparaturen übernommen?
Die Kosten für Schönheitsreparaturen während der Laufzeit des Mietvertrages als auch bei dessen Beendigung werden grundsätzlich nicht übernommen. Erforderliche Renovierungen soll der Hilfeempfänger aus den Regelleistungen decken (AV Nr. 10).
Werden Mietschulden übernommen?
Die Übernahme von Mietschulden ist nur möglich, wenn sonst Wohnungslosigkeitt einzutreten droht und hierdurch die Aufnahme einer konkret in Aussicht stehenden Beschäftigung verhindert würde. In anderen Fällen − in denen also die Aufnahme einer Beschäftigung kurzfristig nicht zu erwarten ist − ist das bezirkliche Sozialamt zuständig (AV Nr. 11.2).
An wen wird die Miete bezahlt?
Grundsätzlich werden alle Mietkosten an die Leistungsempfänger (= Mieter) gezahlt. Für die Weiterleitung an den Vermieter ist der Mieter selbst verantwortlich (AV Nr. 11.1).
Allerdings besteht ein umfangreicher Katalog von Ausnahmen. So ist an den Vermieter u.a. dann direkt zu zahlen, wenn in der Vergangenheit Mietzinsrückstände bestanden haben, das Konto des Mieters überzogen ist oder dieser anderweitige Schulden hat. Einer dieser Ausnahmetatbestände dürfte für die ganz überwiegende Zahl der Leistungsempfänger zutreffen, so dass der Vermieter bereits bei der Anmietung der Wohnung auf eine Direktzahlung bestehen sollte. Technisch kann das Problem am einfachsten dadurch gelöst werden, daß der Mieter schriftlich das Job−Center um die Direktzahlung der Miete ersucht.
Die Ausführungsvorschriften sind im Wortlaut veröffentlicht im Amtsblatt Berlin 2005, Seite 3743 sowie im Grundeigentum, Heft 20/2005, Seite 1241.
Stand 09. November 2007